Gespräch mit Konstantin von Notz und Jörn Pohl bei unserem AG-Treffen im
Juni 2016. Foto: Malika Sandabad.
Von Svea Balzer

Im April 2016 hat die Grüne Bundestagsfraktion einen Antrag zur Reform der Kontrolle deutscher Geheimdienste in den Bundestag eingebracht. Dieser Antrag war unter anderem Gegenstand unseres Gesprächs mit Konstantin von Notz, das wir bei unserem AG-Treffen im Juni 2016 führen konnten.

In Anbetracht der erschreckenden Erkenntnisse, die der NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag über die Praktiken der amerikanischen und britischen, aber auch des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) gewonnen hat, drängt sich die Frage auf, warum die Grünen nicht einfach eine Abschaffung der Dienste fordern.

Eine Abschaffung der Dienste fordere er deshalb nicht, so Konstantin, weil dies dazu führen würde, dass deren Zuständigkeiten von der Polizei übernommen werden müssten. Dies wäre problematisch, weil Polizeibehörden und Geheimdienste in Deutschland dem so genannten Trennungsgebot unterliegen: Während die Polizei nicht so weitreichende Befugnisse wie die Geheimdienste hat, dürfen die Dienste wiederum nicht über exekutive Zwangsmittel verfügen. Dieser Grundsatz ist sehr entscheidend, denn Geheimdienste überwachen im Gegensatz zur Polizei, die nur rechtswidrige Handlungen verfolgt, auch legales Verhalten.

Durch eine bessere parlamentarische Kontrolle, so die Hoffnung, können die Geheimdienste wieder rechtsstaatlich eingehegt werden. Der Antrag der Grünen Bundestagsfraktion enthält folgende Kernforderungen:

  • Abgeordnete des PKGr sollen ihrer Fraktion berichten dürfen
  • Wenn Mehrheit zustimmt, sollen Informationen auch öffentlich geteilt werden
  • Protokolle/Tonaufnahmen der Sitzungen sollen angefertigt werden
  • Sanktionen bei Falschaussagen/Verschweigen von Informationen
  • Öffentlich Beratung des Haushalts der Dienste
  • Beteiligung der Opposition an Entscheidung über Mitarbeitende im Sekretariat des PKGr
  • „Whistleblowing“: Dienstaufsichtspflicht enthebeln: Mitarbeitende des BND sollen sich ans PKGr wenden dürfen, ohne ihren Dienstherren darüber zu informieren
  • ¼ Mehrheit für Anrufen des BVerfG
  • Vertretungsregelung
  • Sachverständige sollen angerufen werden können
  • 10 GG muss auch für Ausländer gelten, da deutsche Behörde involviert
  • G10-Kommission soll auch bei Einsatz von V-Leuten involviert sein
  • Keine Vergabe von Hohen Verschlusssachen durch BuReg bei peinlichen Abläufen
  • BürgerInnen sollen die Möglichkeit haben, gerichtlich zu überprüfen, ob BND die Informationen, die er über sie sammelt, freigeben muss
  • Sperrfrist für Mitarbeitende der Geheimdienste in Richtung Aufsicht, aber auch höherer Positionen innerhalb des Dienstes

Eine ausführliche Zusammenfassung und Analyse des Antrags findet sich bei netzpolitik.org.

In einer spannenden Diskussion um die Frage, ob es möglich sei, Geheimdienste zu kontrollieren, konnte Konstantin viele AG-TeilnehmerInnen überzeugen, dass Geheimdienste nach wie vor notwendig sind und dass es durchaus möglich wäre, ihre Arbeit effektiv zu kontrollieren. Dennoch wies er darauf hin, dass die Arbeit von Geheimdiensten insbesondere in demokratischen Systemen immer kritisch reflektiert und hinterfragt werden müsse.

Leider fand der Antrag der Grünen im Bundestag keine Mehrheit. Stattdessen verabschiedete der Bundestag im Oktober 2016 mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD das hoch umstrittene BND-Gesetz, das erstmals eine Rechtsgrundlage für die Arbeit der Geheimdienste in Deutschland liefert. Konstantin kritisiert an diesem Gesetz vor allem, dass es lediglich dazu diene, die Praktiken des BND im Nachhinein zu legalisieren. Statt die parlamentarische Kontrolle zu stärken, werde mit der Schaffung eines neuen Kontrollgremiums die unliebsamen Kontrollgremien des Bundestages zu übergehen. Die parlamentarische Kontrolle werde somit ausgehebelt. Konstantins Bundestagsrede zum Gesetz kann hier nachgeschaut werden.

Weiterführende Links:

  • Konstantin von Notz informiert über seine Arbeit als Obmann des NSA-Untersuchungsausschusses und seine weiteren Tätigkeiten im Bundestag auf seiner Homepage von-notz.de und auf dem Blog gruen-digital.de.
  • Über die Sitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses bloggen Anna Biselli und Andre Meister auf netzpolitik.org. Die Sitzungen finden an jedem Donnerstag einer Sitzungswoche statt und sind öffentlich. Um dabei zu sein ist lediglich eine Anmeldung beim Bundestag erforderlich.

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